Sturmflut, Tod und Mentalität an der deutschen Nordseeküste (16.-19. Jh.)


VI.

Kommen wir zum Fazit: Die Erfahrung der todbringenden Sturmfluten rief einerseits das Bedürfnis nach Erklärung und Sinndeutung hervor – ein Bedürfnis, das zumeist von den Geistlichen gestillt wurde. Andererseits brachte diese Erfahrung zahlreiche Ansätze alltagspraktisch-technischen Handelns hervor, die sich dem Problem jenseits aller fatalistischen Schicksalsgläubigkeit stellten So zeigte sich der Umgang mit den Sturmfluten und ihren Folgen als eine teils widersprüchlichen Gemengelage von religiös-spiritualistischen und technisch-pragmatischen Elementen. Im Verlauf des 18. Jahrhunderts dominierte zunehmend die pragmatische, immer stärker naturwissenschaftlich geprägte Mentalität. Der technisch „sichere“ Deich wurde nun und in der Folgezeit zum zentralen Objekt des Küstenschutzes. Mentalitätshistorisch bedeutete es den tendenziellen Verlust der Furcht vor dem Wasser. Dass sich die vermeintliche Sicherheit als trügerisch erweisen konnte, dokumentierte spätestens die verheerende Katastrophe von 1825, als die Bevölkerung an der Nordseeküste in den Anfängen der Moderne von den Wassergewalten überrascht wurde … .

nach oben