"Regionale Identität" im Hamburger Umland in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts - Eine Problemskizze
Von Prof. Dr. Norbert Fischer (Universität Hamburg)

4. Schlussfolgerungen

Nicht zufällig fällt die neuerliche, seit wenigen Jahren zu konstatierende Konjunktur von "regionaler Identität" in eine Zeit, in der sich territoriale Koordinatensysteme - wie die Entwicklung der Europäischen Union zeigt - ebenso verändern oder gar auflösen wie jahrzehntelang eingeübte politisch-soziale Ordnungen. So erscheint die derzeitige Mode des Begriffspaares auch als kulturkritisch-kompensatorische Reaktion auf einen als bedrohlich empfundenen Wandel. Jedenfalls zeigt sich, dass der gesellschaftlich-kulturelle Wunsch nach einem harmonischen Ganzen, die unterschwellige Sehnsucht nach Identität, nach wie vor ungestillt ist.

"Regionale Identität" ist dabei zum beliebten Label politischer Strategien geworden. So wird der Begriff instrumentalisiert, um neugeschaffene territoriale Einheiten zu legitimieren - nicht zufällig ist derzeit viel von "europäischer Identität" die Rede oder wird "nationale Identität" neu definiert. Auch von Repräsentanten interkommunaler Initiativen, Verwaltungen und Verbänden ist das Thema "regionale Identität" in den letzten Jahren verstärkt instrumentalisiert worden. In diesen Zusammenhang des Identitätsmarketings gehören schließlich auch all jene touristischen Konzepte, die auf symbolischer Ebene Geschichte und Kultur einer Region werbewirksam vermarkten - beispielsweise in tourismusorientierten Gebieten wie der Nordseeküste. Mit wissenschaftlicher Begrifflichkeit hat dies wenig gemein. "Regionale Identität" ist kein allgegenwärtiges, auf seine Entdeckung wartendes Phänomen, sondern muss von Fall zu Fall überprüft werden - nicht zuletzt im Hinblick auf denkbare Formen der politischen Ideologisierung und Instrumentalisierung.